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Meister. Zur Erhaltung des Friedens und der Verfassung besteht noch eine
dritte Staatsgewalt, das Bundesgericht, welches vom Kongreß und Präsi-
denten unabhängig ist und über die Verfassungsmäßigkeit der gefaßten Be-
schlüsse, Gesetze, über Streitigkeiten zwischen Unionsstaaten rc. entscheidet.
Die Mitglieder des Gerichts ernennt der Präsident mit Zuziehung des Se-
nats auf Lebenszeit. Ein stehendes Heer von 10,000 Mann dient nur
dazu, die Cadres der verschiedenen Regimenter im Falle eines Krieges zu
bilden; dagegen umfaßt die Miliz alle Bürger vom 18. bis 45. Lebensjahr
mit Ausnahme der Lehrer, Geistlichen, Richter, Advokaten und Matrosen,
und zählt 2 Mill. Mann. Die Marine zählt ohne die Handelsschiffe über
100 größere und kleinere Kriegsjahrzeuge, welche theils in Häfen der Union,
theils in Brasilien, theils im Mittelmeere, theils im chinesischen Meere
stationirt sind.
In kirchlicher Beziehung herrscht in der Union die unbeschränkteste
Freiheit. Die politischen Rechte sind durchaus unabhängig vom religiösen
Glaubensbekenntniß, da der Staat über die unzähligen Religionsparteien das
Oberaufsichtsrecht nicht in Anspruch nimmt und den Gemeinden die Er-
bauung der Kirchen und die Anstellung und Besoldumg der Geistlichen ganz
überläßt. Im Allgemeinen ist das amerikanische Volk trotz der unbeschränk-
ten Religionsfreiheit sehr religiös. Die Zahl der kirchlichen Sekten wächst
mit jedem Jahre; besondere Erwähnung verdienen hier von denselben die
Mormonen, welche seit 1850 das neue Territorium von Utah bewohnen.
Die Mormonen behaupten, die Gründer und Leiter ihrer Kirche hätten von
Gott die Sehergabe empfangen, und seien im Besitze neuer Offenbarungen,
wodurch das alte und neue Testament vervollständigt und die Absichten
Gottes für die gegenwärtige Welt geoffenbart würden. Sie glauben, die
Wiedererscheinung Christi sei nahe; sie nennen sich die Heiligen der Gegen- _
wart und geben vor, allein über den Inhalt des alten und neuen Bundes
erleuchtet zu sein. Sie ordnen darnach ihre Sitten und Gebräuche, billigen
die Vielweiberei und lehren die Gemeinschaft der irdischen Güter. Durch
diese Lehren sind sie schon oft mit den Regierungen in Konflikt gekommen,
und werden ohne Zweifel noch ernstere Händel anfangen', da sie mit Hülfe
bekehrter Indianer die Geldaristokratie der Union, ihre Todfeinde, vernichten
wollen. Ihre Apostel reisen mit Traktätlein und Zeitungen bereits in Europa
umher, um neue Anhänger zu gewinnen; leider ist ihnen dies gelungen.
I. Neu-England.
1. Mailie^ der nordöstlichste Staat der Union, erhebt sich terassenförmig
von S. nach R. Die zerrissenen, felsigen Küsten gleichen denen von Nor-
wegen. Das Klima ist streng und der Winter lang; trotz der häufigen
Nebel ist die Luft gesund. Die bedeutenden Wälder, Weiden und Eisen-
gruben machen die Ausfuhr zu einer ansehnlichen. Die Regierung ist in
Augusta (9000 E.). Wichtiger ist der Hafenplatz Portland (28,000 E.).
2. Nru-Hampkhire ist größtenteils eben, hat ein heiteres und bestän-
diges, aber kaltes und rauhes Klima. Landwirthschast, Industrie und Handel
nährt die Bewohner, welche dicht bei einander wohnen. Deutsche Einwanderer
wenden sich wegen des vorherrschenden Anglicismus nie hierher. Regierungssitz
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Extrahierte Personennamen: Gott Christi Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Brasilien Utah Gottes Europa Neu-England Augusta Hafenplatz_Portland
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genannt, Bürgerkriege erregten, und die Gallas ins Land einfielen, hat der
Negus sein Reich verloren. Die Ras haben sich den Königstitel beigelegt,
und halten den Negus in Gondar gefangen, da sie aus Ehrfurcht vor den
alten Satzungen die Würde des großen Negus nicht abzuschaffen wagten.
Das Christenthum der Abyssinier, welches bis zum Jahre 330 n. Chr.
hinaufreicht, ist von dem der Europäer durchaus verschieden. Jene haben
viele mosaischen Gebräuche, besonders in Bezug auf den Sabbath, auf
Speisen und Reinlichkeit beibehalten. Taufe und Abendmahl wird bei ihnen
nach Art des griechischen Ritus abgehalten, mit welchem sie auch die Fest-
und Fasttage gemein haben. Ihr Gottesdienst besteht im Vorlesen eines
Abschnittes aus dem neuen Testament und im Genusse des heil. Abendmahls.
Ihr geistliches Oberhaupt heißt Abuna (unser Vater). Nachdem man im
17. Jahrhundert diese Christeninsel im Meere des Islams und Heidcnthums
aufgefunden hatte, gaben sich später Iesuiten-Missionäre dahin und erlangten
Anfangs großen Einfluß, wurden aber später wegen Einmischung in die
staatlichen Streitigkeiten des Landes verwiesen. Seit 1829 sind evangelische
Missionäre daselbst thätig. Durch die lang andauernden Kriege ist Ackerbau
und Gewerbthätigkeit sehr vernachlässigt worden; das Volk, welches aus den
Urbewohnern, Beduinen, Gallas, Negern rc. gemischt ist, wird als hinterlistig
und betrügerisch geschildert. Der Handel ist unbedeutend; denn das Land
besitzt keine Heerstraße, keinen schiffbaren Fluß und nur einen Seehafen,
Masiuah am rothen Meer. Vor Kurzem bestanden in Habesch drei König-
reiche: Tigreh, Gondar oder Amhara und Schoa. Kaiser Theodor hat sie
1855 vereinigt. In Tigreh: Adowa, 10,000 E. Axum war einst Haupt-
stadt. In Gondar: Gondar, 12,000 E., Residenz des Abuna und Groß-
Negus. In Schoa: Ankobar, 5000 Einw. Der Herrscher von Gondar,
welchen schon vor geraumer Zeit der koptische Patriarch zum Negus von
Aethiopien gekrönt hat, und der sich Theodor I. nennt, hat die übrigen Reiche
unterdrückt (1855) und herrscht seitdem allein.
Anmerkung. Im südlichen Theile von Habesch liegen die von Gallas
besetzten Landschaften Narea und Kassa, die Heimath des Kaffeebaums.
Im Küstenlande Samhara wohnen unbändige Nomaden. Daselbst liegt
Massuah, eine wichtige Handelsstadt, welche seit 1814 zu Aegypten
gehört.
§ 102.
Die christliche Neger-Republik Liberia.
(1200 Q.-M., 300,000 E.)
Eine Gesellschaft amerikanischer Bürger gründete 1821 an der afrika-
nischen Pfefferküste einen christlichen Negerstaat, welchen man mit freigewor-
denen Negersklaven bevölkerte. Das nothwendige Land hatte man schon
1819 den dortigen Negersürsten abgekauft. Die eingewanderten Neger waren
alle ohne Ausnahme Bekenner der Lehre Jesu, und gründeten die Stadt
Monrovia, legten Schulen, Kirchen und Druckereien an, und zeigten voll-
ständig, daß auch die Neger auf dem Gebiete der Gesetzgebung, der Gewerb-
thätigkeit und Landwirthschaft selbständig Gutes und Großes zu leisten ver-
mögen. Der Freistaat ist in gutem Fortschreiten begriffen; die öffentlichen
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92
Staufer und Kreuzzüge.
und die geistlichen Fürsten wählten einen Gegenkönig. Jeden Sonntag nutzte in den Kirchen Deutschlands durch die Pfarrer, auf öffentlichen Plätzen durch Bettelmönche der Bann gegen den Kaiser verkündet und dabei als Sinnbild seines ewigen Verderbens eine Kerze ausgelöscht werden. Wer am Kaiser festhielt, verfiel dem Bann: so die Bürgerschaft ganzer Städte, wie Worms und Erfurt; ganze Länder lagen im „großen Schweigen" des Interdikts; jede gottesdienstliche Handlung mußte unterbleiben, auch Orgelspiel und Glockengeläut.
Trotzdem blieben die Städte, sogar einige in der Lombardei, und die meisten weltlichen Fürsten dem Kaiser treu, der in einer selbst-verfaßten Denkschrift den Grundsatz aussprach: das Staatsoberhaupt ist nur vor Gott verantwortlich und kann von keinem Menschen gerichtet werden.
Im Gegensatze zu den Anschauungen des großen Hohenstaufen sprach Bonifazius Viii. die Ansprüche der Kirche aus: Gott habe dem Papste zwei Schwerter gegeben, ein weltliches und ein geistliches; □ das erstere verleihe der Papst den weltlichen Fürsten. □
5. Friedrich Ii. war ein mittelgroßer, bartloser Blondkopf, ein leutseliger, fröhlicher Herr und einer der gebildesten Fürsten: „er verstand zu lesen, zu schreiben, zu singen," sagt ein Zeitgenosse, „und wußte Lieder und Sangesweisen" wie sein Vater. Besonders liebte er Natur- und Sternkunde. Er hielt sich einen Tiergarten und hatte seine Freude an seinen Pferden und Falken; er begründete Kunst- und Büchersammlungen und erbaute Schlösser voll märchenhafter Pracht.
Als er sich die Lombardei wieder unterwerfen wollte, entbrannte der Kampf zwischen den Ghibellinen (Waiblingern) und Euelfen (Welfen) furchtbarer als je und brachte dem Kaiser viel Kummer. Sein Sohn Heinrich, den er zum Deutschen König gemacht hatte, empörte sich gegen ihn und sank in ein frühes Grab; ein andrer Sohn, Enzio, geriet in Gefangenschaft und lag bis zu seinem Tode 23 Jahre lang zu Bologna im Kerker. Mitten unter Rüstungen starb der Kaiser ungebeugt. Er ruht neben seinem Vater im Dom zu Palermo.
6. Sein Sohn, König Konrad Iv., eilte nach Italien, um sein Erbe festzuhalten; dort starb er nach wenigen Jahren.
Apulien verlieh der Papst dem französischen Ritter Karl von Anjou; in der Schlacht gegen ihn, auf dem „Rosenfelde" bei Benevent, fiel der schöne König Manfred, Konrads Iv. Bruder.
Konrads sechzehnjähriger Sohn Konradin, der das apulische
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Anzeichen einer neuen Zeit. Vii 9s—10. 141
licher Gestalt herausgibt, nannte man die beiden Augen Deutschlands, das mehr und mehr die Bildung des Humanismus und die Kunst der Renaissance sich aneignete.
Ulrich von Hutten, der dem Kloster entflohen war, war der erste, der deutsch schrieb: „Ich hab's gewagt!" rief er aus. Luthers Bibelübersetzung brach dann die Herrschaft des Lateinischen. Die Universitäten, deren Mar in jedem Kurland eine wünschte, dachte er nicht als kirchliche, sondern als Staatsanstalten.
So regte sich allenthalben der Geist einer neuen Zeit.lh
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Christentum und Kaiserreich.
wurde von ihm zum Zeichen seiner Gewalt am Haar gezupft. Der Sklave, der freigelassen werden sollte, hielt nach fränkischem Recht in der ausgestreckten rechten Hand ein Geldstück, das ihm der Herr wegschlug: so auch bei der Freilassung des Hirten Audifar in Scheffels „Ekkehard". Beim altfränkischen Güterverkauf begaben sich Verkäufer und Käufer mit sechs Zeugen und einer Anzahl Knaben auf das Grundstück. Den Knaben wurde durch Zupfen am Ohr oder eine Ohrfeige das Gedächtnis für den Vorgang geschärft. Darauf übergab der Verkäufer dem Käufer einen Handschuh, einen Baumzweig und ein Stück Rasen und führte ihn um das Grundstück herum; er verließ es, indem er dem neuen Eigentümer einen Halm zuwarf. Bei den Sachsen geschah die Übergabe nicht mit Halm und Mund, sondern mit Finger und Zunge: Käufer und Verkäufer faßten einander
□ mit gekrümmten Fingern art.ü
Iii. Das Christentum und das Kaiserreich.
1. Die Bekehrung der Germanenvölker.
1. Die Kaufleute und Handwerker Roms, die den Legionen folgten, hatten das Christentum an Rhein und Donau verpflanzt. Zu Konstantins Zeit gab es Bischöfe zu Köln und Trier.
* *Das Landvolk blieb meist heidnisch. In den Städten, wo die Römersitte in Aufnahme kam, gewannen die Bischöfe früh großes Ansehen; oft schützten sie die untern Klassen gegen die grausame Willkür der römischen Beamten. In Gallien wirkte in der Zeit der Völkerwanderung der heilige Martinus als Heidenbekehrer: ein Krieger aus der Donaugegend, wurde er ein Mönch und zuletzt Bischof von Tours, der große Heilige Frankreichs.
Alle Anfänge des Christentums in Deutschland fegte die Völker-
□ Wanderung, im Südosten der bald einsetzende Slawensturm hinweg. □
2. Noch vor der Völkerwanderung wurde Wulf ila (Wölflein) der Apostel der Westgoten.
Seine Eltern waren Christen. Eine gotische Räuberschar brachte sie aus Kleinasien nach Dacien. Der Knabe erlernte, als Gote aufwachsend, auch die griechische und lateinische Sprache. Im Jünglingsalter begleitete er als Dolmetscher eine Gesandtschaft zu Konstantin dem Großen und wurde später in Konstantinopel zum Gotenbischof geweiht. Unermüdlich lehrte er den Christenglauben,- er übersetzte
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Die Bekehrung der Westgoten, Angeln, Iren, Schotten. Ii 7 9—Iii14. 35
die Bibel in die klang- und formenreiche Sprache seines Volkes, mußte aber mit Hilfe der alten Runenzeichen erst eine gotische Schrift erfinden und der bisher nur gesprochenen Sprache eine feste Form schaffen. Siebzig Jahre alt starb er; das Werk der Bekehrung vollendeten seine Schüler.
Wulfilas Anhang wurde von den andern Goten verfolgt und zur Auswanderung über die Donau gezwungen. In Mösien lebten die Gotenchristen als friedliche Ackerbauer und Viehzüchter, bis im Anfang der Völkerwanderung der Rest des Volkes ihnen nachkam.
* *Von Wulfilas Bibelübersetzung sind nur noch Teile erhalten, namentlich die wunderschöne Silberne Handschrift (Codex argenteus), die in silbernen und goldnen Buchstaben auf Purpur-Pergament ausgeführt ist. In einem westfälischen Kloster entdeckt, kam sie in den Besitz Kaiser Rudolfs Ii. nach Prag, und die Schweden, die sich als Nachkommen der Goten betrachteten, nahmen sie nach der Eroberung Prags am Ende des Dreißigjährigen Krieges mit in ihre Heimat; in der Bücherei der Hochschule zu Upsala wird sie sorglich
D aufbewahrt. U)
Von den Westgoten wanderte die christliche Lehre zu den Ostgoten und Vandalen, dann zu den Burgundern und Langobarden; geringere Verbreitung fand sie bei den andern Stämmen.
3. Gregor der Große sah, kurz bevor er den Stuhl Petri
bestieg, aus dem Sklavenmarkte zu Rom blonde Angelnknaben und
faßte den Entschluß, die Angeln zu Engeln und zu Miterben des Himmelreichs zu machen. Elaubenseifrige Männer, die er entsandte, bekehrten sie. König Edwin von Northumberland nahm mit seinem Volk die Taufe; auf des Königs Hengst ansprengend, warf der Hohepriester Lanze und Brandfackel in den Götzentempel.
Auf der „grünen Insel" (Erin verkündete im fünften Jahrhundert Patrik das Evangelium. Von Irland gelangte es dann
nach Schottland, und schottische Glaubensboten verbreitete es am
Rhein und tief hinein in die Alpen.
* * Irische Mönche gründeten auf dem schottischen Eiland Jona ein Kloster, das das Mutterland der Germanenbekehrer werden sollte. Irische und schottische Glaubensboten wirkten eifrig am Rhein und in den Donauländern.
4. Von Jona kam zur Zeit Gregors des Großen Kolumban ins Frankenland. Seinem Entschluß, ins Kloster zu gehen, widersetzte
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Extrahierte Personennamen: Wulfilas Rudolfs Gregor der_Große Gregor Petri Edwin_von_Northumberland Jona Jona Gregors Kolumban
50 Christentum und Kaiserreich.
und Luchs noch Wisent, Ur und Elen erlegt wurden. Künstler und Gelehrte verschiedener Länder belebten die fränkische oder lateinische Unterhaltung. Der Hof war die Pflegestätte feiner Sitte, aber auch derberen Scherzes: ein riesiger Kriegsmann rühmte sich wohl, wie er im Krieg mit den Böhmen sieben oder acht von dem „Wurmzeug" wie Lerchen auf die Lanze gespießt und herumgetragen: ,,weiß nicht, was sie dazu brummten".
7. Noch in spätern Jahren war Karl bemüht, die Mängel seines Iugendunterrichts nachzuholen. In schlaflosen Nächten beschäftigte er sich mit Schreiben, aber auch mit sachkundiger Beobachtung der Sterne.
* * Mit seinem angelsächsischen Freund Alkuin, den er auf dessen
Romreise in Italien kennen gelernt hatte, wechselte er mitten im Sachsenkrieg Briefe über religiöse Fragen.
Die Kirche des Abendlandes und die sittliche Weiterbildung seines Volkes nahm er in sorgliche Pflege. Für jeden Gottesdienst schrieb er Predigt und Vaterunser vor. Bischöfen, Äbten und Äbtissinnen verbot er, Hundekoppeln, Falken und Habichte zu halten; den Priestern untersagte er das Tragen von Waffen und den Besuch von Wirtshäusern.
Verboten hat er auch den Gebrauch von Zauberformeln, z. B. zur Abwendung von Hagel.
Er regte Bischöfe und Äbte zur Anlegung von Bischofs- und Kloster sch ulen an; die schon lange bestehende Hofschule, die für die Ämter geeignete Leute heranzubilden bestimmt war, wurde unter der Leitung Alkuins zu einer Art Hochschule, an der besonders Latein gelehrt wurde.
In allen diesen Anstalten erwachte das entartete Latein Zu neuem Leben; er selbst beherrschte es: seither ist es zur Sprache aller D Gebildeten Europas im Mittelalter geworden. D Unter der Zucht seines Pfarrers sollte sich jeder Untertan das lateinische Vaterunser und das Glaubensbekenntnis aneignen. Er selbst versäumte selten den Früh- und Abendgottesdienst; zu seinen nächsten Freunden, den Paladinen, zählten auch hohe Geistliche.
8. Karl der Große war ein durch und durch deutscher Mann; sorglich ließ er die alten Heldenlieder sammeln: die fränkischen, bur-gundischen, gotischen Sagen von Günther und Kriemhild, von Siegfried und Dietrich von Bern, von Hugdietrich, dem Schmied Wieland
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl_der_Große Karl Günther Kriemhild Siegfried Siegfried Dietrich_von_Bern Hugdietrich
Extrahierte Ortsnamen: Italien Sachsenkrieg Europas
Hus und der Husenkrieg. Vi 65—73.
117
Die Reform der Kirche stellte die Versammlung gegen den Willen des Königs bis nach der Wahl eines neuen Papstes zurück und ließ sie dann fallen.
Um so eifriger schritt sie ein gegen die „Ketzereien".
Der Prager Professor Johannes Hus ging von den Lehren des Engländers Wiclef aus, der die Gegenwart Christi beim Abendmahl, die Gewalt des Papstes und das Fegefeuer leugnete.
* Nur die Bibel sei die Quelle des Glaubens; das Oberhaupt der Kirche sei Christus, nicht der Papst. Er verlangte das Abendmahl unter beiderlei Gestalt auch für die Laien sowie freie Predigt des Evangeliums und drang auf Armut und Sittenreinheit der Priester*
□ schaft.d
Zur Verantwortung geladen, erschien er in Konstanz unter K:önigsgeleit; trotzdem ließ ihn die Versammlung in Ketten schmieden und als Erzketzer verbrennen. Den König erzürnte die Verhaftung seines Schützlings; aber er fügte sich: in seiner Gegenwart wurde das Todesurteil versündigt. Einen Widerruf, der ihn retten konnte, lehnte Hus ab: er wolle nicht als ein unwahrhaftiger Mensch vor Gott treten.
3. Nach Husens Hinrichtung erhob sich ganz Böhmen gegen Kirche und Kaisertum.
* *Die entschiedensten unter Husens Anhängern gewannen die Oberhand. Die Lehre ihrer Theologen ging viel weiter, als Hus gebilligt hätte. In dem Wunsche, das Urchristentum herzustellen, verlangten sie die Aufhebung alles kirchlichen Besitzes und die Bestrafung der Todsünden; sie verwarfen die Sakramente bis auf Taufe und Abendmahl, die Ohrenbeichte und mit dem Fegefeuer auch die Gebete für die Verstorbenen, die Verehrung von Bildern und Reliquien, den Eid, Feste und Feiertage, allen Prunk beim Gottes-
□ dienst, aber auch in Kleidung und Lebensweise, lü
Das tschechische Landvolk, das den Ansiedlungen der Deutschen zu erliegen fürchtete, versammelte sich auf einem Berg an der Lusthnitz, dem es den Namen Tabor gab, um an einigen hundert Tischen das Abendmahl in der urchristlichen Art zu empfangen. Die ,,Taborer" strebten nach gottseligem Leben, wollten es aber mit Waffengewalt herbeiführen. In Prag wurden dreizehn deutsche Ratsherren zum Fenster hinaus in die Spieße der unten stehenden „Hufen“ gestürzt. Kirchen und Klöster zerstörten sie samt ihren Kunstwerken als Teufelsnester; sie forderten aber auch die Predigt
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118
Fürsten und Städte.
in böhmischer Sprache. Ihr Grimm galt neben der Papstkirche zugleich den Deutschen, wie ja auch Hus an der Vertreibung der beut-schen Professoren und Stubenten aus Prag teilgenommen hatte.
4. Der vom Konzil erwählte Papst Martin V. rief zum Kreuzzug toieber die „Husen" auf. Da schuf der einäugige alte Kriegsmann Johann Ziska, „vom Kelch" genannt, aus den Bauern ein wohlgeübtes Fußvolk, wie noch keines bagewesen war. Eisenbeschlagene Dreschflegel und Feuerrohre bilbeten ihre Bewaffnung; mit Feuerhaken rissen sie die feinblichen Reiter vorn Pferbe; ihre länblichen Fuhrwerke stellten sie des Nachts kunstvoll als Wagenburg um ihr Lager, das sie aufterbem durch Vorposten sicherten. Mit Feuer und Schwert, mit Galgen und Richtbeil, mit Ertränken und Verbrennen wüteten Hussiten und Katholiken, Tschechen und Deutsche gegen-einanber. Mehrere Kreuzheere würden zurückgeschlagen; ja die größten Heeresmassen entwichen, wenn sie nur den Kriegsgesang der Hussiten und den Namen des zuletzt völlig blinben Ziska vernahmen.
* *5. In Deutschland sowie in Böhmen steigerte der Hussitenkrieg
das materielle und das sittliche Elenb. In Böhmen hatte niemanb mehr Lust zur Felbarbeit; die Nahrungsmittel gingen aus: ba zogen die Hussiten aus in die Länber der „Philister". Ihr wohlgeübtes Fußvolk, das auch grobes Geschütz verwenbete, brachte den Deutschen furchtbare Nieberlagen bei; die „rauchenben Spaziergänge" der Husen erstreckten sich bis zu den Karpaten und zur Ostsee: bort füllten sie Flaschen mit Meerwasser, um es baheim zu zeigen. Länger als ein Jahrzehnt bluteten die Nachbarlänber im Hussitenschreck.
Unablässig betrieb König Siegmunb die Berufung eines neuen Konzils, das die Not abstellen sollte. Er und sein Freunb, der Kurfürst Friedrich, verhanbelten persönlich mit Ziskas Nachfolger, dem Großen Prokop, und gerieten baburch selbst in den Verbacht der Ketzerei.
Bei einer neuen Schlacht fielen Hut und Mantel eines päpstlichen Legaten nebst Kreuzzugsbulle und päpstlicher Fahne in des Feinbes Hänbe; die hussitische Lehre fcmb auch in Deutschland immer mehr Anhänger. Jetzt erst erlangte eine neue Kirchenversammlung die Genehmigung des Papstes und König Siegmunb die Kaiserkrone: seit zweihunbert Jahren empfing zum erstenmal toieber ein König □ die Kaiserkrone aus der Hand des Papstes. □
6. Enblich gewährte das Basler Konzil den Böhmen die
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Extrahierte Personennamen: Grimm Martin_V. Johann_Ziska Johann Ziska Friedrich Friedrich Prokop
Extrahierte Ortsnamen: Prag Deutschland Deutschland
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Anbruch der neuen Zeit.
Gehalt; es hatte seinen Sitz zuerst in Frankfurt a. M., dann in Worms, später in Speier, zuletzt in Wetzlar. Die Einteilung des Reiches in zehn kreise wurde vorbereitet, die erste Post errichtet.
* *Das aus Bergamo stammende Handelshaus Taris, das bald den Namen Thurn und Taris annehmen durfte, besorgte schon längere Zeit die Vermittlung von Nachrichten zwischen den Höfen Deutschlands und Burgunds, Frankreichs und Spaniens; in eigenen Rasthäusern („Posten") konnten seine Botenreiter und namentlich ihre Pferde gewechselt werden. Jetzt schufen die Taris, zunächst zwischen Wien und Brüssel, eine Reitende Post, die auch Privatbriefe beförderte: das Vorbild für Land- und Stadtposten. Auch die größern Städte, Augsburg und Nürnberg, Frankfurt ct. M. und Köln, besaßen eigene Botenanstalten.
9. Mar besaß dichterische Begabung. Seine Entwürfe ließ er durch seine Vertrauten ausführen: der „Teuerdank" erzählt seine Brautfahrt zu Maria,- der in Prosa abgefaßte „Weißkunig" ist eine unvollendete Geschichte seines Lebens, die seinen Stammbaum bis zu Noah verfolgen sollte: um Maximilians Scheingrab in der Hofkirche zu Innsbruck stehen denn auch Dietrich von Bern, Chlodwig, Artus
D und andere Helden der Sage als Ahnen des Kaisers. □
Dichter und Künstler erfreuten sich des Schutzes und der Freundschaft Maximilians. Ulrich von Hutten ließ er zum Dichter krönen, und Albrecht Dürer hat ihn öfter malen dürfen.
Er selbst sprach acht Sprachen und war ein eifriger Förderer der
humanistischen Studien. Die Förderung wissenschaftlicher Erkenntnis war ihm ein persönliches Anliegen.
* *Reuchlin hatte das Hebräische von den Toten erweckt. Als nun der getaufte Jude Pfefferkorn öffentlich verlangte, man solle die religiösen Bücher seiner vormaligen Glaubensgenossen wegen christenfeindlichen Inhaltes einziehen und verbrennen, ersuchte der Kaiser Neuchlin um ein Gutachten. Da empfahl der große Humanist eifriges Studium der hebräischen Literatur und wissenschaftliche Belehrung der Juden: „Nur die Wahrheit bete ich an als Gott," schrieb der greise Gelehrte. Darüber geriet er mit den Kölner Dominikanern, denen Pfefferkorn angehörte, in schwere Kämpfe, in deren Verlauf sich die Humanisten um ihn scharten.
Reuchlin und Erasmus aus Rotterdam, den Holbeins Gemälde in Basel darstellt, wie er das Neue Testament in ursprüng-
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